FOTO: ULI APEL
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S E R I E
TONSTUDIOS
hier geschaffen hat. Die spielen ehrlich,
machen Spaß, und zerren nicht, wenn
man sie laut stellt, man kann sie aber
auch gut sehr leise hören. Zudem ist die
Akustik nicht nur am Platz des
Produzenten bzw. Mischers her-
vorragend.“
W eiter geht’s zum ehema-
ligen Studio 3, das nach dem
Umbau in zwei luxuriöse, knall-
rote Mastering-Studios ver-
wandelt wurde. Auch hier sind
wieder Parkettboden und Tep-
piche geschmackvoll im Farb-
ton abgestimmt, ebenso Akus-
tikelemente an den Wänden,
die für Absorption und Diffu-
sion sorgen. Im größeren von
beiden Räumen mischt Darcy
Proper, zweifache Grammy-Gewinnerin
(unter anderem für den Surround-Mix
von Donald Fagens „Morph The Cat“) an
der MMCl-Konsole von SPL gerade das
neue Album von The Common Linnets,
die die Niederlande beim diesjährigen
Eurovision Song Contest vertreten. Die
Band um Sängerin Ilse DeLange hat sich
in einer knappen halben Stunde angekün-
digt, um das Resultat zu begutachten, aber
Jedes Studio ist hier in einem eigenen Farbton
gehalten: Studio 1 in Grün, die Vintage Suite
(Studio 4) in Gelb und die Mastering-Räume in Rot
ein wenig Zeit nimmt
sich die Amerikanerin
denn doch für uns. Und
weist gleich auf den ori-
ginell designten Holztisch
in der Sofaecke hin, der
sich als Kabeltrommel
entpuppt: „Der ist Teil
der Geschichte des Wie-
derauffaus und hat mir
„ E f f i z i e n t e s A r b e i t e n "
Ronald Prent machte
sich als Toningenieur
und Produzent von Acts
w ie Freddy Mercury,
Rammstein und den
Simple Minds einen
Namen, zudem setzt er
sich für Hochbit-Formate
w ie die SACD ein
Warum waren die Wisseloord Studios vor
ein paar Jahren noch so heruntergewirt-
schaftet?
Ein Studio am Laufen zu halten, kostet jeden
Tag Geld: Man benötigt gutes Personal zur
Betreuung der Musiker, aber auch zur War-
tung der Technik und Klimaanlagen. Unter
dem Fundament - einer Spezialkonstruktion,
die auf Beton schwebt - ist Sand. Vermut-
lich ist da Wasser reingelaufen und im Win-
ter zu Stein gefroren, der den Schall leitet,
so dass die Studios akustisch nicht mehr
ausreichend voneinander abgeschirmt wa-
ren und dort nicht mehr parallel gearbei-
tet werden konnte. Oder es brummte, das
Mischpult ging nicht und man benötigte viel
Zeit, um Sachen zum Laufen zu bringen. Wenn
das ein paar Monate so geht, bleiben die Kun-
den weg. Schließlich gerätst Du in eine Todes-
spirale: Ohne ausreichende Einnahmen kannst
Du nichts mehr investieren und musst immer
mehr Personal abbauen. Das spricht sich he-
rum, bis das Studio nicht mehr gebucht wird.
Welche Wünsche hatten Sie beim Umbau?
Wir wollten Fenster in die Aufnahmeräume
einbauen, damit Tageslicht reinkommt, vor al-
lem aber die originale Akustik wiederherstel-
len - ein Vorhaben mit Hindernissen. Als w ir in
Studio 1
bereits das Holz an der halben Wand
restauriert und lackiert hatten, habe ich in die
Hände geklatscht und gemerkt: „Das klingt
nicht richtig". Nachdem wir ein Stück aus der
Wand geschnitten und im Labor hatten analy-
sieren lassen, stellte sich heraus, dass es sich
bei dem Holz an der Wand um das gleiche wie
auf dem Fußboden handelte, was wir nicht
gemerkt hatten, weil altes Wachs drauf war.
Schließlich fanden wir eine Firma, die dieses
herstellte, und jemand musste das Wachs eine
ganze Woche lang auftragen. Danach klang es
wieder wie früher.
Und in puncto Technik?
Die habe ich so angeschafft, dass w ir für die
nächsten zehn Jahre auf der sicheren Seite
sind, Beispiel Mischpult: Beim Kauf des Avid
System 5 für den Regieraum 1
verzichtete ich
auf Sonderrabatt, wollte aber dafür wissen,
was Avid in den nächsten zehn Jahren an
Entwicklung plant. Das API Vision-Mischpult
in Studio 2 entwickelte ich in puncto Funktio-
nalität gemeinsam mit der Herstellerfirma.
Die Idee war, dass diese Analog-Konsole
gleichzeitig
in Stereo und Surround mi-
schen kann, um Zeit und Geld zu sparen. Und
das MMCI-Mischpult von SPL im Maste-
ring-Raum habe ich vom Konzept her sogar
komplett entworfen. Als ich den Prototyp das
erste Mal ausprobierte, bin ich vom Hocker
gefallen: Unglaublich, was da klanglich pas-
siert. Heutzutage brauchst du Effizienz, damit
der Kunde den größtmöglichen Raum zum
Arbeiten in einer kurzen Zeit bekommt. Alles
muss auf jedem denkbaren Weg in höchster
Qualität funktionieren.
Für Popproduktionen wird heute kaum noch
Geld bezahlt. Warum lohnt sich der riesige
Aufwand?
Bisher rentiert er sich auch noch nicht, au-
ßer bei einer Auslastung von 80 Prozent wie
in den letzten Tagen. Aber neben der Aufnah-
me bieten w ir ja auch Mastering an, zudem
betreuen wir teilweise DVD-Produktionen.
Endziel ist eine Entertainment-Firma, die jun-
ge Künstler wachsen lässt inklusive Publis-
hing und Management, so dass jeder Kunde
mit einem kompletten Produkt rausgehen
kann. Aber so weit sind wir noch lange nicht.
52 STEREO 6/2014
FOTOS: ULI APEL